Uli Böttcher “Ü50 – und ein Silberrücken im Nebel”

„Lass stecken“

Uli Böttcher jammert am Gleis 1 zurück und schaut voraus dass es eine Freude ist

Meckenbeuren (wie) Nun ist es auch bei Uli Böttcher vorbei mit Ü40. Nun gehört auch er zu den Ü50 und was er daraus macht ist wieder einmal jede Schau wert. Aber Ausziehen? „Nui“ das kommt für den „Mann mit Silberrücken“ nicht in Frage, auch wenn er damit fleißig Werbung macht. Beim Applaus gab‘s dafür keinerlei Abzug und schon gar nicht beim Spaß, den seine Gäste am Freitagabend im Kulturschuppen hatten.

Ein Hinweis sei‘s allein auf die „nackte Wahrheit über den Mann in den 50ern“ frohlockte Böttcher dazu gleich zu Beginn von Meckenbeurens Kulturbühne. „Die Wahrheit über den Mann in den besten Jahren – animalisch, zärtlich und sensibel“, jedoch betroffen vom „RiSäucling“, weil bald abhängig und gar zahnlos wie ganz zu Beginn. „Ein Leader halt, mit Liedern für die letzte Polonäse, hinein ins Grab“. „Das kann man sich mit 16 gar nicht vorstellen“ trauerte er der Jugend nach und der Blick in die Apotheken-Rundschau, die von Schwitzen und Altersstarrsinn berichte, mache es auch nicht besser.

Brillant spielte Böttcher mit seinen Gästen, suchte allzeit den Kontakt und nahm sich Thomas aus Reihe Eins vor, natürlich mit seiner Marion, die es beide auch schon in die Ü50-Mannschaft geschafft hatten. Der wäre gerne Klinikchef. Das sah im Böttcher an der Nasenspitze an und fühlte mit ihm, wohlwissen, dass „Träume die in Erfüllung gehen, gar keine mehr sind“. Aus Erfahrung sprach der frischgebackenen Fünfziger, der in seinem Lebentraum Kanada gegen s‘Canapee eintauschte und wie seine Leidensgenossen wohl auch vom Traummann zum Mann degradiert wurde.

Ja, so ein Fünfziger, wie er, der hat es schon schwer. So schwer, dass es den Gästen die Tränen in die Augen trieb, bei seinem Besuch beim Urulogen und der unausweichlichen „Wegsacktomie“; die ihm nicht erspart blieb und beim Einzug seiner Eltern, der ihm erotisch unvergessliche Höhepunkte bescherte. So manches Mal aberl wurde es mucksmäuschenstill im Saal. Beim Samaritereffekt zum Beispiel, als Böttcher aufrief, „Gutes weiter zu geben und vor der eigenen Tür zu kehren“ oder beim Blick auf eine besser Welt ohne Terror, AFD und Vogelgrippe.

„Lass stecken“, war Boettchers Geheimrezept für mehr Zufriedenheit im Leben. „Lass stecken, es ist alles halb so schlimm“. Recht hat er, der brillante Redner, der nichts braucht auf seinen Bühnen als sich selbst und seine Gäste und einen Stuhl. Denn, na ja, er ist halt schon ein „Ü50 – und ein Silberrücken im Nebel“.

Foto (wie) Wenn das „Fahrrad zum Rollator für die Rentner-Kita“ wird, dann ist Uli Böttcher am Werk und die Gäste genießen seine Redekunst und seinen herrlichen Humor.

Pressebericht SZ Tettnang 02.10.2017